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Neue Entdeckungen über Oldes Malweise

Interview mit der Restauratorin Anne-Christine Henningsen über das Gemälde "Die Ährenleserin, 1887"

Frau Henningsen, Sie sind Diplom-Restauratorin und leiten den Fachbereich Restaurierung und Kunsttechnologie auf Schloss Gottorf. Was genau ist Ihre Aufgabe im laufenden Museumsbetrieb?
„Ich bin hier im Museum für die Erhaltung und das Handling der Kunstwerke zuständig. Dazu gehört eben auch der Ausstellungsaufbau. Für diese Ausstellung mussten wir beispielsweise über 120 Werke transportieren, vorbereiten, fotografieren, restaurieren, rahmen, hängen, sichern und beleuchten.“

Was ist an dieser Sonderausstellung zu Hans Olde für Sie besonders?
„Da ein Großteil der Exponate aus unserer eigenen Sammlung stammt, hatte ich im Vorfeld der Ausstellung Gelegenheit, die Kunstwerke ausführlich kunsttechnologisch zu untersuchen. Dabei versucht man, den Herstellungsprozess und die Maltechnik der Werke so genau wie möglich nachzuvollziehen. Das ist manchmal spannender als ein Krimi!“

Was haben sie im Zuge Ihrer Untersuchungen herausgefunden?
„Ich habe herausgefunden, dass Olde eine gebrauchte Leinwand für sein Werk „Ährenleserin“ verwendete. Demnach musste Olde erst diverse Löcher schließen, bevor er mit dem eigentlichen Malprozess beginnen konnte. 

Außerdem habe ich entdeckt, dass sich auf der Leinwandrückseite eine große Landschaftszeichnung befindet, die offensichtlich eine Vorstudie ist und zu dem Gemälde „Hünengrab aus Bülk“ gehört, das sich ebenfalls hier in dieser Ausstellung befindet.

Eine weitere interessante Entdeckung konnte ich auf der Gemäldevorderseite machen: Mit Hilfe der Infrarotreflektografie ist es uns Restauratoren möglich, Malschichten zu durchdringen und so die Unterzeichnung aufzudecken. Auf diese Weise sehen wir, dass Olde für die Komposition seiner Darstellung einen Bleistift nutzte. In manchen Bereichen behalf er sich außerdem mit einem groben Linienraster. Zusätzlich sieht man bei dieser Untersuchungsmethode auch mehrere Korrekturen, bei der der Künstler nochmal Veränderungen vorgenommen hat, wie beispielsweise am Arm des Mädchens.“

Frau Henningsen, Sie sagten, Ihre Arbeit sei manchmal spannender als ein Krimi – welche Rückschlüsse können Sie anhand des fertigen Gemäldes auf Hans Oldes Maltechnik ziehen?
„Hans Olde spielt in seinen Werken immer wieder mit starken Kontrasten. Beispielsweise mit dem Wechsel zwischen einer sehr schwungvollen, lebhaften Pinselführung, wie wir es an den Getreidehalmen auf dem Acker sehen können. Andererseits bedient sich Olde auch einer sehr traditionellen, glatten Malweise, wie man es im Gewand der Bäuerin sehen kann.

Hier stehen also dick aufgetragene Farbschichten neben sehr dünnen, durchscheinenden Farbschichten. Olde nutzte hierfür übrigens flache Borstenpinsel, die erst neu auf dem Markt waren.

Olde kontrastiert die Schärfe der Darstellung, das fast Fotorealistische der Hand im Vordergrund mit den sehr verschwommenen Umrissen der Kornpuppen am Horizont. Durch die Darstellung der Szenerie im Gegenlicht setzt Olde ebenfalls ganz bewusst den Kontrast von Licht und Schatten ein. Die Figur im Vordergrund wird von hinten beleuchtet, so dass Ihre Konturen ähnlich wie bei einer Sonnenfinsternis erleuchtet scheinen.“

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