Samuel Fosso
Fotoausstellung auf Schloss Gottorf vom 25. Mai bis 29. Oktober 2023
Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf zeigt vom 26. Mai bis 29. Oktober mit Samuel Fosso (geb. 1962 in Kumba, Kamerun, lebt in Bangui, Zentralafrikanische Republik, und Paris) einen der renommiertesten zeitgenössischen Fotografen Afrikas. Er gab der großen Tradition der afrikanischen Studiofotografie eine neue Wendung, indem er seit Mitte der 1970er Jahre eine neue Form eines explizit theatralischen Selbstporträts entwickelte. In diesen autofiktionalen Selbstporträts mit kunstvollem Make-up und aufwendigen Kostümen, Requisiten und Kulissen verbindet Fosso Fotografie und Performance. Er stellt nicht in erster Linie sich selbst dar, sondern vollzieht eine Transformation seiner Person – schlüpft in Rollen und leiht sich Identitäten aus, von historischen Schlüsselfiguren ebenso wie von gesellschaftlichen Archetypen. Dabei verknüpft er autobiografische Themen und Selbstkonzeptionen mit politischen und historischen Perspektiven. Sie sind Ausdruck der Komplexität und Vielfalt von zeitgenössischen Identitäten und eine Erkundung der Beziehungen zwischen Afrika und dem Westen sowie China in der Ära des Postkolonialismus und der Globalisierung.
Dr. Thorsten Sadowsky, leitender Direktor der Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen, hat die Ausstellung in den Norden geholt und betont die besondere Fähigkeit des Künstlers, relevante gesellschaftliche Fragestellungen in seinen ikonischen Selbstinszenierungen zu verdichten: „Im Kontext der aktuellen Identitätsdebatten steht Samuel Fosso für eine sehr eigenständige und originelle künstlerische Position. Er ist ein Meister der Verwandlung, der eine Vielfalt von Identitäten in fotografischen Selbstporträts erprobt. Mit der Verkörperung bekannter Persönlichkeiten und der ironischen Dekonstruktion von Rollenbildern und Herrschaftsposen werden kolonialgeschichtliche, geopolitische und rassistische Zusammenhänge offenkundig. Sein Werk zeigt aber auch die vielen Möglichkeiten auf, ein anderer oder eine andere zu werden. Samuel Fosso ist ein sehr glaubhafter Performer, der das genderfluide Spiel mit Rollen und Identitäten und die Selbstinszenierung im Medium der Fotografie virtuos beherrscht.“
In Kamerun geboren, verbrachte Samuel Fosso seine Kindheit zunächst in Nigeria. Nach dem Biafra-Krieg zog er nach Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. 1975, im Alter von 13 Jahren, eröffnete er dort nach einer kurzen Lehre sein eigenes Studio für Porträtfotografie. Der Erfolg seines Studios beruhte auf seinem Gespür für Mode und Ästhetik und seinem Talent, die Menschen zu ermutigen, ihren persönlichen Stil zu zeigen. Tagsüber porträtierte er seine zahlende Kundschaft, abends stellte er sich selbst vor die Kamera und inszenierte sich, inspiriert von westafrikanischer und afroamerikanischer Musik, Jugendkultur und politischer Rebellion, in engen Hemden, extravaganten Schlaghosen und Plateauschuhen sowie mit ausgefallenen Requisiten in freien, ungezwungenen Posen. So entstand Fossos frühe experimentelle Serie ausdrucksstarker Schwarz-Weiß-Selbstporträts, die unter dem Titel 70’s Lifestyle (1975–78) bekannt wurde.
In Werkserien wie African Spirits (2008) und Emperor of Africa (2013) verleiht Samuel Fosso seinem Werk einen deutlichen politischen Zug. In African Spirits verkörpert er historische Persönlichkeiten der panafrikanischen Unabhängigkeits- und Bürgerrechtsbewegung wie Angela Davis, Patrice Lumumba, Haile Selassie, Martin Luther King Jr. und Muhammad Ali. Die Serie ist eine Hommage an die Kämpfer und Kämpferinnen für Bürgerrechte und postkoloniale Unabhängigkeit.
In seiner Serie Emperor of Africa thematisiert Fosso die tiefgreifenden Machtverhältnisse zwischen China und Afrika. Dazu schlüpft er in die Rolle des umstrittenen chinesischen Revolutionärs und kommunistischen Parteiführers Mao Tse-tung. In seinen Re-Inszenierungen stellt er Mao nicht nur als Befreier, sondern auch als Symbol eines modernen Imperialismus dar.
Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf zeigt die große retrospektive Ausstellung in Kooperation mit dem Museum der Moderne Salzburg und der Sammlung Generali Foundation – Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg und präsentiert eine Auswahl der wichtigsten Werkgruppen von Samuel Fosso. Nach der von Jürgen Tabor kuratierten Schau am Museum der Moderne Salzburg ist die Gottorfer Ausstellung eine der ersten in Deutschland. Kuratorin in Schleswig ist Dr. Uta Kuhl.